Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im November 2023 einen KI-Aktionsplan als Bestandteil der seit 2018 bestehenden KI-Strategie der Bundesregierung vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt auf dem Wissenstransfer, der praktischen Umsetzung von Forschungsergebnissen und ist fest in den europäischen Kontext eingebettet. Er sieht vor, das deutsche KI-Ökosystem zu stärken, wobei der Fokus auf der Entwicklung eines „KI-Made-in-Germany“-Branding und der Integration von KI in Schlüsselindustrien liegt. Mit einem geplanten Budget von 483,3 Millionen Euro für 2024, zielt der Plan auf eine signifikante Steigerung der KI-Investitionen ab.
Hintergrund
Der KI-Aktionsplan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wurde im November 2023 als integraler Bestandteil einer breit angelegten KI-Strategie, die die Bundesregierung seit 2018 verfolgt, vorgestellt. Ziel dieser Strategie ist es, Deutschland in der Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) international wettbewerbsfähig zu machen und das deutsche KI-Ökosystem durch neue Impulse zu stärken. Im Fokus des Aktionsplans steht daher der Wissenstransfer sowie die Überführung von Forschungsergebnissen in die Praxis.
Neben den nationalen Zielen ist der KI-Aktionsplan auch stark in den europäischen Kontext eingebettet. Neben dem „AI-Act“, der Ende letzten Jahres vom Europäischen Parlament beschlossen wurde, hat die EU-Kommission am 13. Dezember 2023 einen „KI-Policy-Brief“ veröffentlicht. Die KI-Policy verfolgt dabei zwei Hauptziele: die Förderung der Anwendung von KI in der Forschung durch verbesserten Zugang zu Ressourcen wie Daten und Rechenleistung sowie die Aufrechterhaltung wissenschaftlicher Integrität und methodischer Stringenz durch die Überwachung und Steuerung des Einflusses von KI auf den Forschungsprozess.
Der KI-Aktionsplan umfasst darüber hinaus die Unterstützung international vernetzter KI-Forschung, die aktive Beteiligung an europäischen Initiativen und die Mitgestaltung von EU-weiten Regulierungen und Standards im Bereich der KI. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern, wie etwa die deutsch-französische KI-Initiative, die die gemeinsame Entwicklung von KI-Lösungen fördert und Kompetenzzentren etabliert.
„KI Made in Germany“, Wissenstransfer und Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen
Ein besonderer Fokus liegt darauf, das Alleinstellungsmerkmal für „KI-Made-in-Germany“ zu entwickeln und die KI-Technologie optimal mit den bestehenden Stärken Deutschlands zu verzahnen. Dazu zählt die intensivere Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Industrie, Biotechnologie und dem Energiesektor. Außerdem haben rund 40 Prozent der deutschen KI-Start-Ups einen wissenschaftlichen Hintergrund.
Zu den Schlüsselelementen des Plans gehört die deutliche Erhöhung der Investitionen in die KI-Forschung mit einem geplanten Budget von 483,3 Millionen Euro für das Jahr 2024 und über 1,6 Milliarden Euro in der aktuellen Legislaturperiode. Dies stellt eine mehr als zwanzigfache Steigerung des KI-Budgets seit 2017 dar. Im Vergleich hierzu hat die USA bereits im Jahr 2021 1,75 Milliarden für die Forschung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz investiert – Tendenz steigend. Um die Forschungsbasis weiter zu stärken, werden 50 bestehende Maßnahmen um mindestens 20 weitere Initiativen ergänzt. Diese Erweiterung umfasst unter anderem die Förderung von Machine-Learning-Modellen, den Aufbau von Forschungsnetzwerken für neurobiologisch inspirierte KI und die Einrichtung zusätzlicher KI-Professuren.
Der Plan zielt darauf ab, das volle Potenzial der KI-Technologie zu nutzen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken zu minimieren. Um dies zu erreichen, werden Maßnahmen ergriffen, darunter die Förderung der Forschung, die Unterstützung von Projekten zur Anwendung von KI in der Wirtschaft, insbesondere im Mittelstand sowie die Entwicklung von rechtlichen Rahmenbedingungen und ethischen Leitlinien für den Einsatz von KI. Außerdem wird die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit betont.
Geteiltes Echo aus Politik, Verbändelandschaft und Wissenschaft
Der Digitalverband Bitkom weist mit Blick auf den KI-Aktionsplan der Bundesregierung darauf hin, dass der Wissenstransfer von der KI-Forschung in die Wirtschaft bisher unzureichend war. Deutschland gelte zwar als Treiber in der KI-Forschung, doch spiegelt sich dies nicht ausreichend in der Anwendung von KI in Unternehmen wider. Nur 15 Prozent aller deutschen Unternehmen setzen derzeit KI ein und nur 2 Prozent sehen Deutschland in der Spitzenposition in Forschung und Entwicklung, obwohl zwei Drittel der Unternehmen KI als wichtigste Zukunftstechnologie betrachten. Diese Diskrepanz zwischen Potenzial und Realität zeigt sich auch in der Einschätzung der Bürger, von denen 73 Prozent KI eher als Chance, denn als Gefahr betrachten. Der Bitkom betont zudem die restriktiven Datenverwendungsregeln als Hindernis für die KI-Entwicklung. Unternehmen übten sich mit Blick auf einen bisher fehlenden Regulierungsrahmen in Zurückhaltung.
Kritisiert wurde der KI-Aktionsplan überdies von der Union. Thomas Jarzombek, forschungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kritisierte, dass dem Aktionsplan ein „roter Faden“ fehle. Auch die ehemalige Bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach (CSU), bezeichnete den Plan als „zu wenig, zu schwach, zu unkonkret“. Dieser sei nicht geeignet, um Deutschland im globalen Wettbewerb voranzubringen. Gerlach bemängelt auch das Fehlen konkreter Maßnahmen zur Integration von KI in die Wirtschaft und weist auf den Rückstand bei KI-Gründungen hin. Deutschland rangiert mit 245 zwischen 2013 und 2022 gegründeten KI-Start-Ups nur auf Platz 9 weltweit, weit hinter China und den USA. Darüber hinaus werden in Deutschland deutlich weniger private Investitionen in den KI-Sektor getätigt als beispielsweise in den USA. Gerlachs Ansicht nach fehlen deutschen KI-Unternehmen wichtige Ressourcen wie Daten und speziell auf KI ausgerichtete Rechenkapazitäten.
Von wissenschaftlicher Seite erhielt der Plan jedoch viel Lob. Bernhard Schölkopf vom Max-Planck-Institut und Thomas Lippert vom Forschungszentrum Jülich loben den eingeschlagenen Weg des Aktionsplans. Die Bundesbildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betone die Bedeutung von KI als Schlüsseltechnologie und die Zielsetzung, Deutschland und Europa in eine führende internationale Position zu bringen.
Unterschiedliche Schwerpunkte im internationalen Vergleich
Deutschland und die Europäische Union (EU) betonen in ihrem KI-Rahmen die Bedeutung ethischer Richtlinien und rechtlicher Rahmenbedingungen für die verantwortungsvolle Nutzung von KI. Deutschland strebt eine umfassende Strategie für ethisch verantwortliche KI-Nutzung an, während die EU einen risikobasierten Ansatz verfolgt und strenge Anforderungen für hochriskante KI-Systeme fordert.
US-Präsident Joe Biden hat im Oktober 2023 die Executive Order on the Safe, Secure, and Trustworthy Development and Use of Artificial Intelligence erlassen, die sich stark auf die Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit und Ethik von KI konzentriert. In diesem Zusammenhang sollten Richtlinien und Standards zur Gewährleistung der Sicherheit und Ethik von KI-Systemen entwickelt werden. Außerdem streben die USA eine globale Führungsrolle in der KI-Entwicklung und -Regulierung an und fokussieren sich zudem auf die Anziehung und Förderung von KI-Talenten.
China hingegen konzentriert sich auf die Regulierung spezifischer KI-Technologien, insbesondere im Bereich der Algorithmen und generativen KI. Dabei haben die Aspekte des Datenschutzes, der Cybersicherheit und der Inhaltsmoderation einen wesentlichen Anteil am chinesischen Modell, welches an den Erfordernissen der nationalen Sicherheit ausgerichtet ist.
Zusammenfassend zeigt der internationale Vergleich, dass es eine Vielzahl von Ansätzen und Schwerpunkten im Bereich der KI-Initiativen gibt. Deutschland und die EU legen dabei Wert auf Ethik und internationale Zusammenarbeit, die USA setzen auf Sicherheit, Ethik und Talentförderung, während China seinen Fokus auf spezifische Technologieregulierung und nationale Interessen richtet.
Unsere Analyse – Relevanter Impuls mit Defiziten im internationalen Vergleich
Der deutsche KI-Aktionsplan macht wesentliche Fortschritte in der KI-Forschung und -Anwendung, bleibt aber hinter dem internationalen Wettbewerb, besonders den USA und China, zurück. Trotz der Betonung von Ethik und rechtlichen Rahmenbedingungen fehlt es an der Formulierung konkreter Maßnahmen, um eine globale Spitzenposition zu erreichen. Fraglich ist zudem, ob die alleinige Fokussierung auf die Förderung von KI-Forschung und die wirtschaftliche Anwendung von KI-Technologien genügt, um im globalen Rennen führend zu werden. Nicht zuletzt ist auch die Anwerbung von KI-Talenten sowie die Erhöhung privater Investitionen maßgeblich für den erfolgreichen Aufbau des deutschen und europäischen KI-Sektors.
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